Dienstag , 19. März 2024
Filmstart CORSAGE am 7. Juli. Fotos: Alamode Film

CORSAGE: Sissi, ein furchtlose, radikale Frau

Vergessen Sie das Bild, was Sie sich seit Ihren Kindertagen (und alle Jahre wieder zu Weihnachten) über Sisi gemacht haben. Mit dem Film CORSAGE hat die Wiener Regisseurin und Drehbuchautorin Marie Kreutzer „Sissi“ neu erfunden. Angelehnt an die Biografie von Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn entblättert die Filmemacherin den fragilen Seelenzustand der Monarchin. Sie schenkt ihr die Rolle einer furchtlosen, radikalen Frau. „Sissi“ ist durch CORSAGE kein kitschiges Abziehbild der Ernst-Marischka-Filme mit Romy Schneider, sondern eine Inspiration für die heutige Frauengeneration.

Die historische Elisabeth, quälte sich scheinbar mit aktuellen Problemen wie Essstörungen, depressiven Episoden, Sinnkrisen, Affären und dem unerfüllbaren Bild der perfekten Mutter. Küss die Hand! Auch wenn sich die Regisseurin viele inhaltliche und formale Freiheiten genommen hat, basiert ihr Film auf Fakten: Auch die wahre Elisabeth trat in ihren späten Jahren in der Öffentlichkeit nur noch mit Gesichtsschleier auf und hatte für offizielle Anlässe ein Double. Sissi ist quasi vor aller Augen verschwunden. Das hat in ihr den Plot zum Film entstehen lassen.

Habe die Ehre: Die Hofburg in Wien im Jahre 1877, Heiligabend. Elisabeth, die Kaiserin von Österreich-Ungarn (VICKY KRIEPS), feiert im Kreise des Hofstaats ihren 40. Geburtstag. Elisabeth, die beim Volk für ihre natürliche Schönheit und ihre ikonischen Flechtfrisuren verehrt wird, scheint bei ihrer Feier nur Bitterkeit zu empfinden. Mit 40 Jahren ist sie im späten 19. Jahrhundert eine alte Frau. Als Kaiserin von Österreich hat sie ausschließlich repräsentative Pflichten zu erfüllen. Ihr Mann Kaiser Franz Joseph (FLORIAN TEICHTMEISTER) schätzt ihre Meinung in politischen Angelegenheiten nicht.

Ihre Tage sind belanglos und werden von ihrem sich selbst auferlegten Diktat zusammengehalten: Morgens lässt sie sich von den Hofdamen ihre Taille messen, das Korsett noch enger schnüren. Mehrere Tage die Woche hält sie anorektisch Orangendiät, jede Gewichtszunahme kränkt sie. Die Angst vor dem Älterwerden, dem Bedeutungsverlust und das Schwinden ihrer Jugendlichkeit lässt sie zunächst erstarren. Doch dann sucht sie nach einer Möglichkeit für einen Ausbruch. Ihr Wunsch nach Selbstermächtigung ist groß. Doch lässt das enge Korsett aus höfischen Ritualen und traditionellen Rollenbildern die individuelle Freiheit einer Frau überhaupt zu? 

Kreutzer gelingt mit tiefer Empathie für die ikonische Kaiserin, die im höfischen Zeremoniell sinnbildlich wie in einem immer enger werdenden Korsett keine Luft zum Atmen mehr findet, die Darstellung ihrer Wandlung zu einem freien Menschen. Unerschrocken und gleichzeitig mit großer Leichtigkeit traumwandelt die Schauspielerin Vicky Krieps als Elisabeth durch eine feindselige Welt, in der sie sich unter den Augen der Öffentlichkeit und ihrer Familie ihren neuen Platz im Leben sucht.

Kinostart: 7. Juli 2022